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Insassen von Jugendstrafanstalten im Bundesstaat Rio de Janeiro sind Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt, stellte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht fest. Diese Woche ist es ein Jahr her, dass Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einen Aktionsplan ausrief, um die Rechte von Kindern zu schützen, so auch die von jugendlichen Häftlingen. Der Plan ist bis zum heutigen Tag nicht umgesetzt.

Der 70-seitige Bericht "’Real Dungeons’: Juvenile Detention in the State of
Rio de Janeiro "
belegt, dass Jugendliche in Rio de Janeiros Haftanstalten von Wärtern oft geschlagen und beschimpft werden. Ein Großteil der Beschwerden über Misshandlungen wird von dem „Departamento Geral de Ações Sócio-Educativas oder DEGASE“, der für Jugendhaftanstalten zuständigen Behörde des Bundesstaates nie untersucht. Disziplinäre Maßnahmen gegen Wärter sind äußerst selten und beschränken sich zumeist auf Versetzung in eine andere Haftanstalt; bis zum heutigen Tag wurde gegen keinen einzigen Wärter wegen Misshandlung Strafanzeige erstattet.

"Die Gebäude von Rios Jugendhaftanstalten sind verfallen, schmutzig und gefährlich überbelegt," sagte Michael Bochenek, Berater der Kinderrechtsabteilung von Human Rights Watch. "Die Misshandlungen durch die Wärter werden anhalten, solange diese in dem Bewusstsein leben, dass sie sich niemals für ihre Taten verantworten werden müssen."

Mehr als ein Drittel der jugendlichen Häftlinge in dem Bundesstaat, sitzen wegen Drogendelikten, so auch Drogenhandel, hinter Gitter. Echte Alternativen, um dem Problem von jugendlichen Drogenhändelern beizukommen, würde einen verbesserten Zugang zu Bildung und Berufsausbildung sowie Arbeitsplatzprogramme bedeuten.

Viele Jugendliche in Haft erhalten jedoch überhaupt keine Bildung, auch keine Berufsausbildung, obwohl jugendliche Insassen und ihren Eltern gerade diese als eine der wichtigsten Rehablilitierungsmaßnahmen ansehen.

"Die Behörden lassen eine wichtige Gelegenheit aus, Jugendliche wieder in die Gesellschaft einzugliedern und ihre Gemeinden sicherer zu machen.", so Bochenek.

Gesundheit und Hygiene in den Haftanstalten geben Grund zu weiteren ernsthaften Bedenken. Jugendliche tragen die selben Kleider für Tage oder Wochen, ohne dass sie gewaschen werden. Viele teilen sich zerrissene Schaumstoffmatratzen, andere schlafen auf dem Zementboden. Oftmals können sie sich tagelang nicht waschen und hängen ganz von ihren Familien ab, die sie mit Seife, Zahncreme und Toilettenpapier versorgen. Als Human Rights Watch die Gefängnisse im Juli und August des vergangenen Jahres besichtigte, waren die meisten Jugendlichen und einige der Angestellten mit der Krätze infiziert.

In der föderalen Struktur Brasiliens ist der Jugendstrafvollzug Sache der Bundesstaaten. Der Föderalstaat bietet aber einen Gutteil der Finanzmittel auf, mit denen die Bundesstaaten die Haftanstalten betreiben, Wärter einstellen und die inhaftierten Jugendlichen versorgen. Im Zuge des Aktionsplans des Präsidenten vom letzten Jahr wies die Regierung zusätzliche Geldmittel zu, um die Möglichkeiten der Bundesstaaten zu verbessern, Fällen von Folter und Gewaltanwendung sowie anderen Arten von Misshandlung in Haftanstalten für Jugendliche nachzugehen und sie zu bestrafen.

Human Rights Watch forderte die Regierung auf, die im Aktionsplan des Präsidenten selbst auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen. DEGASE sollte ein Beschwerdesystem unter unabhängiger Aufsicht einrichten, und Staatsanwälte der Bundesstaaten müssen die Jugendhaftanstalten genauer beachten.

Der Bericht basiert auf Interviews mit dutzenden inhaftierten Jugendlichen, Regierungsvertretern, Anwälten, Fachleuten aus dem Gesundheitswesen, Wärtern in Haftanstalten, Eltern von inhaftierten Jugendlichen, und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen. Human Rights Watch besichtigte insgesamt fünf Haftanstalten, darunter die einzige Anstalt für Mädchen in dem Bundesstaat.

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