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Spanien: Flüchtlingskinder im Urlaubsparadies allein gelassen

Auffangzentren auf den Kanarischen Inseln sollen geschlossen und Kinder angemessen betreut werden

(Madrid, 26. Juli 2007) – Die spanischen Behörden halten unbegleitete Flüchtlingskinder in provisorischen Einrichtungen auf den Kanarischen Inseln fest. Dort sind sie Opfer von Gewalt und Misshandlung, erklärte Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.

Im vergangenen Jahr erreichten über 900 minderjährige Flüchtlinge die Kanarischen Inseln, häufig traumatisiert durch die gefährliche Überfahrt in kaum seetauglichen Booten. Dieser beispiellosen Anzahl von Flüchtlingskindern begegneten die Regionalbehörden der Kanarischen Inseln vor einem Jahr mit der Einrichtung von vier Notfallzentren für 400-500 Kinder. Bei den Kindern handelt es sich vorwiegend um Jungen aus dem Senegal und aus Marokko.

Der 115-seitige Bericht „Unwelcome Responsibilities: Spain’s Failure to Protect the Rights of Unaccompanied Migrant Children in the Canary Islands” dokumentiert, wie Flüchtlingskinder auf unbestimmte Zeit in diesen Zentren bleiben müssen, die oft überfüllt und nur notdürftig eingerichtet sind. Die Kinder berichteten Mitarbeitern von Human Rights Watch, sie seien von Betreuern geschlagen worden und man habe sie nicht vor Gewalt durch andere Insassen geschützt. Die jungen Flüchtlinge haben keinen Zugang zu Schulen, nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, und sie sind in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.

„Die spanischen Behörden verletzen das Völkerrecht, wenn sie Hunderten von unbegleiteten Flüchtlingskindern weder Schutz noch angemessene Betreuung bieten“, so Simone Troller, Researcherin aus der Abteilung Kinderrechte von Human Rights Watch. „Die neue Regierung auf den Kanaren soll die Auffangzentren schließen und die Kinder in angemessene Einrichtungen verlegen.“

Die Regionalbehörden der Kanarischen Inseln und die spanische Regierung haben bislang noch keine Lösung für das Problem der Flüchtlingskinder gefunden. Dem Ministerium für Arbeit und Soziales gelang es, 500 Kinder auf das spanische Festland zu verlegen, wo sie besser betreut werden können. Der Transfer konnte jedoch den Druck, unter dem das Betreuungspersonal auf den Kanaren steht, kaum abschwächen. Zudem wurden dabei marokkanische Kinder diskriminiert, weil sie an der Verlegung nicht beteiligt waren.

Es spielt keine Rolle, ob die Kinder das Recht haben zu bleiben oder nicht: Solange sie sich auf spanischem Hoheitsgebiet befinden, gelten für sie die Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention, die Spanien 1990 ratifiziert hat. Die Regierung muss für die Kinder möglichst bald nach ihrer Ankunft eine dauerhafte Lösung finden und ihnen ermöglichen, Asyl zu beantragen. Sie darf Familien nur dann wieder zusammenführen, wenn dies im Interesse der Kinder ist und ihnen keine Gewalt droht. Wenn eine Rückkehr aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht möglich ist, muss die spanische Regierung den Kindern realistische Möglichkeiten zur Integration und einen sicheren rechtlichen Status bieten.

„Ich bin hier nicht glücklich; wenn ich könnte, würde ich dieses Zentrum verlassen. Wir kriegen kein gutes Essen“, so ein 17-jähriger Senegalese im Notfallzentrum in La Esperanza auf Teneriffa. „Wenn wir ihnen sagen, dass wir Hunger haben, sagen sie, wir hätten im Senegal ja auch gehungert und wir sollten froh sein, dass wir überhaupt zu essen bekämen.“

Die Kinder berichteten gegenüber Human Rights Watch über zahlreiche Fälle von Missbrauch und mangelndem Schutz vor Gewalt. Ein anderer 17-jähriger Junge in La Esperanza sagte: „...ein Junge bekam Probleme mit [Name eines Aufsehers]. Am gleichen Tag brachte [der Aufseher] ihn in die Dusche und verprügelte ihn. Der Junge hatte Blut im Mund und auch seine Kleider waren voller Blut – sein T-Shirt war nicht mehr zu gebrauchen.” Ein 13-jähriger Flüchtling im Notfallzentrum von Arinaga sagte, die Aufseher sähen bewusst weg, wenn andere Kinder jemanden verprügelten.

Human Rights Watch forderte die Regionalregierung der Kanarischen Inseln auf, unverzüglich einen Plan zu entwickeln und umzusetzen, um die Notfallzentren zu schließen und die Kinder in andere Betreuungseinrichtungen zu bringen. Solche Einrichtungen sollen das Wohlergehen und die Entwicklung der Kinder fördern und ihre Rechte gemäß nationalem und internationalem Recht schützen.

Die Behörden sollen Berichten über Missbrauch und Misshandlung nachgehen und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Sie sollen die Kinder außerdem umfassend und in einer Sprache, die sie verstehen, über ihre Rechte informieren, insbesondere über ihr Recht auf Ausweisdokumente, eine Aufenthaltsgenehmigung, eine Arbeitserlaubnis, Bildung und Gesundheit.

„Immer noch kommen Flüchtlingskinder alleine an den Küsten der Kanarischen Inseln an. Die spanischen Behörden sollen umgehend Maßnahmen ergreifen, die zu einer Lösung dieses Problems beitragen und die Rechte dieser Kinder respektieren“, so Troller

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