Skip to main content

Uganda: Zwangsarbeit und Krankheiten gefährden Häftlinge

Misshandlungen, Justizversagen und mangelhafte Gesundheitsversorgung weit verbreitet

(Kampala, 14. Juli 2011) - Häftlinge in ugandischen Gefängnissen sind brutaler Zwangsarbeit, häufiger Gewalt, massiver Überbelegung und Krankheiten ausgesetzt, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht, der die Haftbedingungen in 16 Gefängnissen in Uganda untersucht. Mehr als die Hälfte der Gefängnisinsassen sind Untersuchungshäftlinge, die oft über Jahre ohne rechtskräftiges Urteil festgehalten werden. Während sich einzelne Gefängnisbeamte an den Erträgen der Sträflingsarbeit bereichern, leiden viele Häftlinge aufgrund der unzureichenden Verpflegung, Wasserversorgung und Hygiene an Krankheiten.

Der 80-seitige Bericht „‘Even Dead Bodies Must Work': Health, Hard Labor, and Abuse in Ugandan Prisons“ dokumentiert regelmäßige körperliche Misshandlungen und einen mangelhaften Schutz der Rechte der Gefangenen durch das Justizsystem. In Gefängnissen im ländlichen Raum werden Häftlinge, die sie sich weigern schwere Arbeiten zu verrichten, mit Stöcken geschlagen, mit Steinen beworfen, an Bäume gefesselt oder mit Verbrennungen traktiert, selbst ältere Menschen und Schwangere werden misshandelt. Es kommt vor, dass mit HIV oder Tuberkulose infizierten Häftlingen die medizinische Versorgung verweigert wird und man sie in Gefängnisse mit angeschlossenen Landwirtschaftsbetrieben verlegt, die sich fernab der Therapiezentren befinden.

„Häftlinge in ugandischen Gefängnissen, von denen viele noch nicht einmal rechtskräftig verurteilt sind, werden brutal geschlagen und gezwungen, unter sklavenähnlichen Bedingungen zu arbeiten", so Katherine Todrys, Researcherin in der Abteilung Gesundheit und Menschenrechte von Human Rights Watch und Co-Autorin des Berichts. „Wenige Gefangene mit HIV oder TB werden angemessen behandelt. Die ist nicht nur lebensbedrohlich für die Häftlinge, sondern erhöht auch das Risiko der Bildung medikamentenresistenter Stämme.“

Jedes Jahr durchlaufen etwa 50.000 Menschen das ugandische Justizvollzugssystem, zu dem sowohl größere Regionalgefängnisse als auch kleinere ländliche Haftanstalten gehören. Während sich die Bedingungen in einigen Regionalgefängnissen in den letzten Jahren verbessert haben, herrschen in den zahlreichen Gefängnissen im ländlichen Raum, die vormals den Lokalverwaltungen unterstanden, Zustände, die „grausamer, unmenschlicher und herabwürdigender Behandlung" oder sogar Folter im Sinne des internationalen Rechts entsprechen. Die mangelhafte Gesundheitsversorgung der Gefangenen beeinträchtigt auch übergeordnete gesundheitspolitische Ziele. So können sich medikamentenresistente Stämme von HIV und TB innerhalb der Gefängnisse entwickeln und in die Umwelt gelangen, wenn Häftlinge, Besucher und Gefängnisangestellte in ihre Heimatorte zurückkehren.

Die ugandische Regierung sollte der körperlichen Misshandlung und der Zwangsarbeit zur privaten Bereicherung im gesamten Strafvollzugssystem ein Ende bereiten. Gefängnisaufseher, die Gefangene misshandeln, sollten strafrechtlich verfolgt werden. Gemeinsam mit internationalen Gebern sollte die Regierung den Gefängnissen ausreichende Mittel zur Verfügung stellen, um eine angemessene Unterbringung und Gesundheitsversorgung der Häftlinge zu gewährleisten.

65 Prozent der Häftlinge in ugandischen Gefängnissen, d.h. mehr als 17.000 Menschen, werden ohne Urteil festgehalten und warten oft über Jahre auf den Abschluss ihres Verfahrens. Zu diesen Verzögerungen tragen unter anderem der begrenzte Einsatz von Kautionsvereinbarungen und die unzureichende Rechtsvertretung der Gefangenen bei.

Diese Mängel im Justizsystem führen dazu, dass die meisten ugandischen Gefängnisse stark überbelegt sind. In einem der von Human Rights Watch besuchten Gefängnisse wurde die vorgesehene Häftlingskapazität um das 32-fache überschritten.

Viele Häftlinge können nur seitlich liegend bzw. abwechselnd schlafen. Die Verpflegung in den Gefängnissen ist unzureichend und verursacht Nährstoffmangel, der das Infektionsrisiko erhöht und zur Erblindung führen kann. Geschwächte Häftlinge bieten im Tausch gegen Nahrungsmittel Sexualverkehr an.

Den Gefangenen steht häufig kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung, sodass in manchen Haftanstalten mit abgekochtem Wasser Handel betreiben wird. In den schmutzigen Bettdecken der Häftlinge tummeln sich Läuse und Krätzemilben. Unter diesen Bedingungen breiten sich Krankheiten rasch aus. Wenngleich nur wenige Gefängnisse Tuberkulosetests anbieten, gehen Schätzungen davon aus, dass die Rate der HIV- und Tuberkulose-Infektionen unter Gefängnisinsassen etwa doppelt so hoch ist wie in der übrigen Bevölkerung. Es gibt landesweit nur in ein einziges Gefängnis, in dem Therapien für HIV und TB verfügbar sind. „Helft uns, wir werden sterben“, schrieben 10 Häftlinge des landwirtschaftlichen Gefängnisses Muinaina auf einen Zettel, den sie Human Rights Watch-Mitarbeitern gaben.

Der körperliche Missbrauch in den Gefängnissen setzt dem ohnehin schlechten Gesundheitszustand der meisten Häftlinge weiter zu. Gefängnisaufseher schlagen zur Disziplinierung auf Häftlinge ein oder befehlen Mitgefangenen, sie zu schlagen. Human Rights Watch dokumentierte mehrere Fälle, in denen Gefangene nackt in enge, dunkle, knöcheltief mit Wasser gefüllte Zellen gesperrt wurden und nur eine minimale Ration an Nahrung erhielten. „Sie schlugen mich so heftig, dass ich Blut weinte“, so ein Häftling über die Schläge, die ihm Wärter und Mitgefangene zugefügt hatten.

In vielen der landesweit über 170 Gefängnisse, die vormals von den Lokalbehörden betrieben wurden, steht den Gefangenen praktisch überhaupt keine medizinische Versorgung zur Verfügung. Die gesundheitlichen Bedürfnisse der Häftlinge werden von medizinisch unqualifizierten Wärtern und Beamten beurteilt, die den Gefangenen häufig den Zugang zu Gesundheitseinrichtungen im Umfeld verweigern.

„Jeder, der eine Straftat verübt, sollte zur Rechenschaft gezogen werden", so Todrys. „Aber niemand darf zu Unterernährung, Krankheit und Schlägen verurteilt werden.“

In den vergangenen Jahren erhielten ugandische Gefängnisse zunehmend finanzielle Unterstützung durch internationale Geber. Dennoch ist ihr finanzieller Spielraum gering. Einige Gefängnisbeamte setzen Häftlinge als Zwangsarbeiter in privaten Landwirtschaftsbetrieben ein, um das knappe Budget ihrer Haftanstalt aufzubessern. Andere nutzen Gefangene - verurteilte Straftäter und Untersuchungshäftlinge gleichermaßen - als Leiharbeiter und bereichern sich persönlich an den Erträgen. Tausende Häftlinge werden gezwungen, unter brutalen Bedingungen zu arbeiten. Häftlinge, die zu langsam arbeiten oder die Arbeit verweigern, werden geschlagen oder misshandelt. Obwohl die Produktivität der Häftlinge direkt den Justizvollzugsbehörden zugutekommt, tauchen die Einkünfte aus Sträflingsarbeit meist nicht in ihren Bilanzen auf.

Auch Gefangenen, die schwere Arbeit verrichten, werden regelmäßig Arztbesuche verweigert, weil die zuständigen Beamten nicht bereit sind, sie dafür von der Feldarbeit zu befreien. Um die Produktivität der an viele Gefängnisse angeschlossenen Landwirtschaftsbetriebe zu steigern, werden erkrankte Häftlinge aus Anstalten, in denen sie ärztlich versorgt werden könnten, in solche verlegt, die über keine medizinische Einrichtungen verfügen.

Human Rights Watch forderte die Regierung Ugandas auf, durch direkte Weisungen die Zwangsarbeit von Häftlingen zur privaten Bereicherung zu unterbinden, Strafvollzugsbeamte für den Missbrauch von Gefangenen zu disziplinieren und Richtlinien zu verabschieden, die garantieren, dass Gefangene, die positiv auf HIV oder Tuberkulose getestet wurden, unverzüglich in Einrichtungen verlegt werden, in denen sie ärztlich behandelt werden können. Die ugandische Regierung sollte gemeinsam mit den internationalen Gebern und Institutionen den Zugang zu externen Gesundheitseinrichtungen verbessern, jedem Gefängnis mindestens eine medizinische Fachkraft zuteilen, die allgemeinen Haftbedingungen verbessern und die Dauer der Untersuchungshaft durch einen verbesserten Zugang zu Kautionsregelungen, Anhörungen und Rechtsvertretern verkürzen.

„Die ugandischen Justizvollzugsbehörden haben in den letzten zehn Jahren einiges an Reformen durchgeführt“, so Todrys. „Und doch leiden die Häftlinge nach wie vor unter entsetzlichen Haftbedingungen, Zwangsarbeit und brutaler Misshandlung. Diese Missstände müssen beseitigt werden.“

Your tax deductible gift can help stop human rights violations and save lives around the world.

Region/Land