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(New York) – Burmas Präsident Thein Sein soll eine unabhängige Untersuchung und faire Strafverfolgung der Beamten und Befehlshaber veranlassen, die für die Massaker an Demonstranten der Demokratiebewegung vor 25 Jahren verantwortlich waren, so Human Rights Watch. Burmas Partner- und Geberländer sollen deutlich machen, dass echte Reformen auch bedeuten, auf strafrechtlichem Wege Gerechtigkeit für die Opfer der Massaker von 1988 sowie anderer schwerer Menschenrechtsverleztungen einzufordern.

Die Proteste von 1988 und deren Niederschlagung waren ein Schlüsselmoment in der Geschichte Burmas. Von März bis September 1988 wurden Tausende Menschen durch Militär und Sicherheitskräfte getötet.

„Die Massaker in Burma vor 25 Jahren sind noch immer eine offene Wunde, die Anlass zu Zweifel an der Reformrhetorik der Regierung gibt“, so Brad Adams, Direktor der Asien-Abteilung von Human Rights Watch. „Nachdem sie die Verbrechen des Militärs 50 Jahre geleugnet hatte, soll die Regierung endlich zeigen, dass sie auf der Seite der Bevölkerung steht und nicht auf der Seite der Mörder der Vergangenheit.“

Am 8. August 1988 brachen im Rahmen eines landesweiten Streiks, an dem sich Tausende Studenten, buddhistische Möche, Mitarbeiter des öffentlichen Diensts und gewöhnliche Bürger beteiligten, in vielen Städten in ganz Burma gleichzeitig Proteste aus, die ein Ende der Militärherrschaft und einen Übergang zur Demokratie forderten. Die Regierung war vom Ausmaß der Proteste überrascht und beauftragte die Streitkräfte, die Demonstrationen gewaltsam zu unterbinden. Das Militär schoss mit scharfer Munition auf Demonstranten und verletzte oder tötete Hunderte. Während die meisten Demonstranten flohen, schlugen einige mit Molotowcocktails, Schwertern, Giftpfeilen und angespitzten Fahrradspeichen zurück und töteten einige Polizisten und andere Beamte.

Am 10. August töteten Soldaten mit gezielten Schüssen Ärzte und Krankenschwestern, die verwundete Zivilisten im Krankenhaus von Rangun behandelten. Am 12. August trat Sein Lwin, der den langjährigen Diktator Ne Win im Präsidentenamt abgelöst hatte, nach nur 17 Tagen im Amt zurück. Das Militär zog sich weitgehend zurück, und am 19. August wurde eine Übergangsregierung unter ziviler Führung durch Dr. Maung Maung ernannt. Am 26. August demonstrierten schätzungsweise eine Million Menschen vor der Shwedagon Pagode, dem zentralen Wahrzeichen in Rangun. Zu den Rednern, die der Militärregierung trotzten und ein Ende der autoritären Herrschaft forderten, gehörte auch die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die später, im Jahr 1991, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Die täglichen Proteste dauerten den gesamten August und September an, ihre Teilnehmer organisierten gemeinsam mit buddhistischen Mönchen, Studentenvertretern und gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten lokale Verwaltungskomitees, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten.

Doch am 18. September gelangte das Militär durch einen Coup zurück an die Macht und schuf den Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung (SLORC) unter der Leitung von General Saw Maung. Am 18. und 19. September 1988 kehrten Soldaten auf die Straßen zurück, schossen mit scharfer Munition auf friedliche Demonstranten und töteten Tausende von ihnen. Tausende Aktivisten wurden verhaftet, Tausende weitere flohen ins benachbarte Ausland. Studentenführer, die die Spitze der Proteste gebildet hatten, und andere Aktivisten wurden für Jahre inhaftiert und während der Haft misshandelt und gefoltert. Kein einziger Regierungsvertreter wurde je für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen, die bei der Niederschlagung der Proteste verübt wurden.

Am 25. Jahrestag der Gewalt wiederholt Human Rights Watch die Forderung an die burmesische Regierung, unverzüglich alle verbleibenden politischen Gefangenen freizulassen und die Gesetze abzuschaffen, die seither zum Verbot oder zur Einschränkung friedlicher Proteste eingesetzt werden. Die Regierung soll ein glaubwürdiges, unabhängiges und repräsentatives Gremium schaffen, das die schwersten Razzien der Regierung seit 1988 untersucht und Empfehlungen für Strafanklagen abgibt. Zusätzlich soll die Regierung eine umfassende und schonungslose Aufarbeitung der Ereignisse von 1988 und der nachfolgenden staatlichen Unterdrückung anstoßen.

„Wenn die Regierung die Gräueltaten der Vergangenheit eingesteht und sich dafür stark macht, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, könnte vom Jahrestag des 8.8.88 ein Signal des Umdenkens nach Jahrzehnten der Repression ausgehen“, so Adams. „Sollten Militär und Regierung eine Kehrtwende weg von Leugnung und Straflogikeit, hin zu mehr Ehrlichkeit und Rechtsstaatlichkeit vollziehen, könnte dieser Jahrestag sogar den Beginn einer neuen Ära markieren.“

In den vergangenen Wochen erlaubt die Regierung von Thein Sein eine Reihe öffentlicher Gedenkveranstaltungen zum 25. Jahrestag der Ereignisse. Dazu gehörten Konzerte und Ausstellungen. Eine dreitägige Gedenkveranstaltung, die von ehemaligen politischen Häftlingen organisiert wird, ist in Rangun geplant, wo einige der schlimmsten Massaker passierten. Auch in Kleinstädten und in anderen Teilen Burmas wurden Veranstaltungen genehmigt, die von den ursprünglichen Organisatoren der regierungskritischen Proteste geplant werden, die teilweise die letzten 25 Jahre im Exil verbrachten. Zuvor verbotene Bücher über die Ereignisse von 1988, etwa der Titel “Outrage” des schwedischen Journalisten Bertil Lintner, werden nun in burmesischer und englischer Fassung offen verkauft.

Human Rights Watch appellierte an die Regierung, unabhängige Untersuchungen der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste in den vergangenen 25 Jahren einzuleiten, einschließlich der Studentenproteste in Rangun im Dezember 1996 und der von buddhistischen Mönchen angeführten Demonstrationen im September 2007. Auch Vorfälle, wie der Angriff auf Aung San Suu Kyi und ihre Anhänger, bei dem im Mai 2003 in der Stadt Depayin unzählige Menschen getötet wurden, wurden nie unabhängig untersucht.

„Es ist wichtig, dass die Regierung von Thein Sein der Zivilgesellschaft erlaubt, Gedenkveranstaltungen abzuhalten, doch sie soll noch weiter gehen, die Verantwortung des Militärs eingestehen und sich verpflichten, die Beteiligung des Militärs an allen Aspekten der Regierungsführung zu beenden“, so Adams. „Die Grausamkeit der Ereignisse von 1988 trug entscheidend zu dem Klima der Angst bei, das die letzten 25 Jahre Militärherrschaft ermöglichte. Damit die burmesische Gesellschaft den Blick nach vorne richten kann, müssen diese Verbrechen geahndet werden.“

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