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Habe ich irgendetwas verpasst? Da verhaften Behörden in der Ukraine, einem Land das nach einer engeren Bindung an die EU strebt und sich Menschenrechte und demokratische Werte auf die Fahnen schreibt, einen Mann. Am nächsten Tag tauchen im Internet Fotos von ihm auf – nackt, mit Schrammen, an den Händen gefesselt – auf dem Facebook- und Twitter-Profil des Führers der Radikalen Partei der Ukraine, der ankündigt, den Gefangenen gegen den gestürzten Präsidenten Janukowitsch austauschen zu wollen.

Und zu alledem ein ohrenbetäubendes Schweigen aus Kiew.

Bei dem Mann auf den Fotos handelt es sich um Igor Kakidzianow, den „Verteidigungsminister“ der selbstproklamierten „Republik Donezk“, welche die Regierung in Kiew ablehnt und seit einem Monat öffentliche Gebäude im Osten der Ukraine besetzt.

Am 6. Mai 2014 berichtete das ukrainische Innenministerium, eine Gruppe von „Separatisten“ habe das Fahrzeug eines Sondereinsatzkommandos der Polizei angegriffen, das sich auf dem Weg nach Mariupol befunden habe. Laut Innenministerium tötete die Polizei einen der Angreifer und nahm zwei weitere fest, darunter auch Kakidzianow.

Am Morgen des 7. Mai 2014 erklärte ein Sprecher der Sozial-Nationalen Versammlung, einem Bündnis radikaler ukrainischer Parteien, vor Journalisten, er „verhöre“ Kakidzianow „persönlich“. Wenige Stunden später gab Oleg Liaschko, Chef der Radikalen Partei der Ukraine und Kandidat für das Präsidentenamt, auf seiner Website und in sozialen Netzwerken bekannt, seinem Team sei es gelungen, eine Gruppe Separatisten gefangen zu nehmen, einschließlich Kakidzianow. Er postete erniedrigende Fotos von Kakidzianow – eines davon zeigt diesen mit einem Sack über dem Kopf. „Möchte Kakidzianow gegen Janukowitsch austauschen“, erklärte Liaschko per Twitter.

Wie landete dieser Mann, der von der Polizei festgenommen wurde, in denen Händen eines radikalen Parteiführers? Warum schweigen die ukrainischen Behörden und reagieren nicht auf Liaschkos Posts?

Wenn Kakidzianow an kriminellen Handlugen beteiligt war, sollte er verhaftet werden und – nach ordentlichen Ermittlungen – im Rahmen des ukrainischen und internationalen Rechts straftrechtlich belangt werden. Sollte er sich tatsächlich in den Händen Liaschkos befinden, ist er auch ein Opfer von Entführung und Misshandlung – Straftaten, für die Liaschko zur Rechenschaft gezogen werden müsste.

Ich verbrachte Stunden damit, beim Innenministerium, der Staatsanwaltschaft, dem Nationalen Sicherheitsrat, dem Justizministerium und anderen Regierungseinrichtungen anzurufen. Ich versuchte Dutzende Nummern, doch niemand ging ans Telefon. Ich suchte verzweifelt nach irgendeiner offiziellen Reaktion auf diese dreiste Verletzung des nationalen und internationalen Rechts – doch ich fand nichts.

Ich hoffe, dass andere – etwa die EU oder die US-Regierung – mehr Glück haben, wenn sie versuchen, Kontakt mit den ukrainischen Behörden aufzunehmen. Ich hoffe auch, dass sie ihnen klipp und klar sagen, dass eine solche Behandlung von Gefangenen inakzeptabel ist und dass Kakidzianow sofort in reguläre Haft zurückkehren und ein faires Verfahren erhalten muss. Und sie müssen deutlich machen, dass die Verantwortlichen für diese empörende Situation zur Rechenschaft gezogen werden müssen.

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