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Angola: Menschenrechtsverletzungen durch Militär in Cabinda

Bericht beschreibt Folter und Verletzung des Rechtsschutzes gegenüber vermeintlichen Rebellen

(Johannesburg, 22. Juni 2009) – Die angolanische Regierung soll umgehend illegale Verhaftungen und Folter von mutmaßlichen Rebellen in der ölreichen Provinz Cabinda beenden, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht.

In dem 27-seitigen Bericht „’They put me in the hole’: Military Detention, Torture, and Lack of Due Process in Cabinda“ dokumentiert Human Rights Watch eine beunruhigende Struktur von Menschenrechtsverletzungen durch angolanische Streitkräfte und Geheimdienstbeamte. Von September 2007 bis März 2009 wurden mindestens 38 Menschen willkürlich vom Militär in Cabinda verhaftet und wegen Gefahr für die innere Sicherheit angeklagt. Die meisten von ihnen wurden Opfer langwieriger Isolationshaft, Folter und grausamer, unmenschlicher Verfahren in Militärgewahrsam. Zudem wurden ihnen rechtsstaatliche Gerichtsverfahren verweigert.

„Die angolanischen Streitkräfte begehen gravierende Menschenrechtsverletzungen in Cabinda“, so Georgette Gagnon, Direktorin der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch. „Angolas Sicherheitsbedenken rechtfertigen weder Folter noch die Verweigerung grundlegender Rechte.“

Der Human Rights Watch-Bericht basiert auf persönlichen Interviews mit 20 Inhaftierten im Gefängnis von Yabi in Cabinda, die im März 2009 stattfanden, auf gerichtlichen Protokollen und anderen Quellen. Viele der Häftlinge waren Bewohner von Dörfern im Landesinneren der Provinz. Nach bewaffneten Angriffen durch die Liberation Front of the Enclave Cabinda (FLEC), einer separatistischen Guerilla-Bewegung, wurden sie bei Razzien durch das Militär verhaftet.

Die Inhaftierten berichteten Human Rights Watch übereinstimmend, dass sie in Militärgewahrsam misshandelt worden waren. Einer sagte: „Sie haben mich gefesselt zum Militärstützpunkt nach Caio gebracht und mich in ein Wasserloch gesetzt. Dort bin ich 19 Tage geblieben…Ich habe darauf bestanden, dass ich unschuldig bin.“ Ein weiterer Häftling berichtete: „Das Militär hat auf mich eingeschlagen, meine Hoden und meine Zunge mit einer Zange gequetscht und mich dabei aufgefordert, die Wahrheit zu sagen. Ich habe vor Schmerzen geschrien.“

Gerichtsprotokolle zeigen, dass Geständnisse, die unter Folter erzwungen worden waren, als Beweise bei gerichtlichen Verfahren eingesetzt wurden. Die Verteidigung hatte keinen vorherigen Zugriff auf diese „Beweise”.

Die Regierung soll alle Fälle fallen lassen, die auf unrechtmäßigen Geständnissen basieren. Dazu gehören diejenigen, die unter Foltermethoden erzwungen worden sind, so Human Rights Watch. Folter ist gemäß internationalen Menschenrechtsstandards unter allen Umständen verboten. Zudem untersagen internationale Standards für faire Gerichtsverfahren, dass Geständnisse, die unter Zwang erlangt wurden, als Beweise verwendet werden.

Human Rights Watch hat die angolanische Regierung aufgefordert, dass die Armee Personen, die wegen Sicherheitsverbrechen angeklagt sind, umgehend an die dafür zuständigen zivilen Behörden überstellt werden. Sie müssen nach den internationalen Standards für Untersuchungshaft festgehalten werden und es muss ihnen ein sofortiges und gerechtes Verfahren zustehen.

Die Regierung soll alle Anschuldigungen, die gegen Mitglieder des Militärs und des Geheimdienstes erhoben worden sind, genauestens untersuchen lassen und mutmaßliche Täter strafrechtlich verfolgen.

Der Human Rights Watch Bericht liefert weitere Details zu dem prominenten Fall Fernando Lelo, ein früherer Korrespondent von Voice of America, der in einem unfairen Gerichtsverfahren wegen nationaler Sicherheitsverbrechen im September 2008 verurteilt wurde. Der Bericht bezieht sich auch auf Fälle, die geringere öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen und bei denen somit die Gefahr besteht, dass sie von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden.

Es gibt kleine Anzeichen für Verbesserungen: Anders als Lelo und Soldaten, die mit ihm verurteilt wurden, finden alle anderen Verfahren gegen Inhaftierten, die wegen Gefahr für die Staatssicherheit angeklagt sind, vor einem Zivilgericht statt. Im Mai 2009 hat ein Richter des Zviligerichts von Cabinda Häftlinge aufgrund mangelnder Beweise freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin Berufung eingelegt, über die jedoch noch nicht entschieden wurde.

„Ein Freispruch wegen mangelnder Beweise ist ein gutes Zeichen, aber solange die in Haft Gefolterten nicht entschädigt und die verantwortlichen Militärs nicht strafrechtlich verfolgt werden, können zukünftige Menschenrechtsverletzungen kaum verhindert werden“, so Gagnon. „Die angolanische Regierung soll umgehend das unfaire Urteil gegen Fernando Lelo und die anderen Beschuldigten überprüfen, den wegen Gefahr für die Staatssicherheit Angeklagten ein ordentliches Gerichtsverfahren zusichern und den Opfern von Folter den Zugriff auf effektive Rechtsmittel ermöglichen.“

Ein von der angolanischen Regierung und einer Fraktion der separatistischen Guerilla-Bewegung im Jahr 2006 unterzeichnetes Friedensabkommen sollte formal die bewaffneten Auseinandersetzungen beenden, die seit Angolas Unabhängigkeit 1975 in Cabinda andauern. Die angolanische Regierung behauptet, dass der Krieg in Cabinda vorbei sei. Dennoch kommt es weiter zu sporadischen Angriffen gegen Regierungskräfte und nicht aus der Provinz stammende Arbeiter. Eine FLEC-Gruppe drohte, ihre Aktivitäten vor dem im Jahr 2010 stattfindenden Afrika-Cup, der auch in Kabinda stattfindet, zu verstärken.

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