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Menschenrechte – und Spiele

Auf Aserbaidschan muss auch im Kontext der „Europaspiele“ mehr Druck ausgeübt werden, damit die Menschenrechte gewahrt werden.

Veröffentlicht in: Mittelbayerische Zeitung

(Berlin) - In einem Monat, am 12. Juni, wird Baku, die Hauptstadt der ölreichen Kaukasusrepublik Aserbaidschan, seinen internationalen Besuchern ein weiteres glanzvolles Spektakel bereiten. Vor drei Jahren war es der Eurovision Song Contest, jetzt sind es die Europaspiele, olympiaähnliche Mehrdisziplinen-Wettkämpfe, um deren Austragung sich Baku als einziger Kandidat beworben hatte.

Viele deutsche und internationale Medien berichten über die Spiele – völlig zu Recht – im Kontext der miserablen Menschenrechtslage in Aserbaidschan. Der britische Economist beschrieb Aserbaidschan kürzlich als „brutales Regime“, das die Spiele nach dem Prinzip „lächeln, keine Kosten scheuen und Abweichler unterdrücken“ organisiere.

All dies bringt Baku zwar in Verlegenheit, doch es wird wohl konzertierter internationaler Druck nötig sei, damit die Regierung ihr hartes Vorgehen gegen Menschenrechtler beendet und all jene freilässt, die wegen politisch motivierter Anschuldigungen in Haft sitzen. Deutschland spielt dabei eine Schlüsselrolle. Denn die Bundesregierung könnte ihren Einfluss weitaus wirksamer geltend machen und das Deutsche Olympische Komitee könnte dem Schritt, seine Besorgnis über die Menschenrechtslage in Aserbaidschan öffentlich zu äußern, weitere Massnahmen folgen lassen.

Als Bundeskanzlerin Merkel im Januar in Berlin mit Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew zusammentraf, sprach sie auch Menschenrechtsfragen an und erinnerte Alijew an Aserbaidschans Menschenrechtsverpflichtungen als Mitglied des Europarats. Alijew reagierte ablehnend und behauptete, in Aserbaidschan würden alle Formen der Freiheit geschützt.

Die Realität könnte gegensätzlicher kaum sein. So sitzen Dutzende Menschenrechtler, Oppositionelle und Journalisten aus politischen Gründen in Haft, eigenständige Medien wurden geschlossen und zahlreiche unabhängige NGOs wurden gezwungen, ihre Arbeit aufzugeben. In den letzten Jahren wurden viele unabhängige Stimmen ins Exil gedrängt, inhaftiert oder zum Untertauchen gezwungen. Einer von ihnen ist Rasul Jafarow, ein bekannter Aktivist, der schon häufig in Deutschland über die Menschenrechtslage in seinem Land gesprochen hat. Er wurde letzten Monat wegen fingierter Steuervergehen zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

Vertreter der Bundesregierung erklären zwar, sie brächten diese Bedenken zur Sprache. Doch vor dem Hintergrund der Ukrainekrise und dem Druck zur Diversifizierung der Energieversorgung verweisen sie auch auf die Notwendigkeit, gute Beziehungen mit Baku zu pflegen. Deutschland hat legitime energiepolitische und geopolitische Interessen. Doch sie taugen kaum als Grund, nicht nachdrücklich und prinzipientreu Position zu beziehen, wenn Aserbaidschan so scharf gegen Menschenrechtler durchgreift, wie seit Jahren nicht mehr.

Die Bundesregierung sollte, öffentlich wie auch im vertraulichen Rahmen, die Freilassung von Aktivisten und anderen aus politischen Gründen Inhaftierten fordern. Zudem sollte sie die Abschaffung der Gesetze gegen Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Medien verlangen. Und sie täte gut daran, deutlich zu machen, dass diese Schritte eine nicht verhandelbare Vorbedingung für die Aufnahme engerer Beziehungen sind.

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