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Im Januar 2014 fragte der Journalist Stephen Colbert den Executive Director von Human Rights Watch, Ken Roth, wer der nächste Nelson Mandela sein könnte. Roth nannte den chinesischen Dissidenten und Schriftsteller Liu Xiaobo und den bahrainischen Menschenrechtsaktivisten Nabeel Rajab.

Roth konnte nicht wissen, dass Rajab wenige Jahre später eine unfaire, lange Haftstrafe drohen würde, die die Welt erschüttert. Rajab ist seit Juni im Gefängnis. Diese Woche findet eine Anhörung statt, bei der er höchstwahrscheinlich zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wird – auf der Grundlage von haarsträubenden Vorwürfen. Aber anders als Mandelas Schicksal scheint das die europäischen Staaten nicht sonderlich zu beschäftigen.

Eines von Rajabs angeblichen Verbrechen ist, dass er die von den Saudis geführten Luftangriffe der Koalition auf den Jemen kritisiert hat, bei denen Krankenhäuser, Schulen und Marktplätze bombardiert wurden. Dabei starben UN-Schätzungen zufolge mehr als 1.900 Zivilisten. Außerdem wird Rajab vorgeworfen, auf Twitter über Folter im berüchtigten bahrainischen Gefängnis Jau geschrieben zu haben. 

Man sollte meinen, zahllose Regierungen könnten sich ohne weiteres für Rajab einsetzen, wie es Human Rights Watch und 21 andere Organisationen fordern. Aber bisher haben nur Norwegen und die Vereinigten Staaten die bahrainische Königsfamilie explizit dazu aufgefordert, Rajab freizulassen. 

Dabei bezeichnet der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault Mandela als „eine Inspiration für die ganze Menschheit“, der britische Staatssekretär für den Nahen Osten, Tobias Ellwood, ehrt Mandela auf seiner Website, und Frank-Walter Steinmeier berichtet, dass ein Foto von Mandela in seinem Büro im Außenministerium hängt. Aber weder diese Männer noch ihre Regierungen haben sich dafür ausgesprochen, Nabeel Rajab freizulassen. 

Ist es angemessen oder einfallslos, Rajab mit Mandela zu vergleichen? Darüber lässt sich diskutieren. Aber es ist zweifellos naheliegend, die staatliche Vergötterung eines Aktivisten mit dem staatlichen Schweigen über das Schicksal eines anderen zu vergleichen. Mandela, der sich immer für die Meinungsfreiheit stark machte, hätte die Doppelmoral sicherlich erkannt.

Rajab soll am 6. Oktober verurteilt werden. Wenn die Außenminister, an die sich die Nichtregierungsorganisationen gewandt haben, sich nicht dafür aussprechen, dass die Anschuldigungen fallen gelassen und Rajab entlassen wird, dann können sie die nächsten 15 Jahre lang darüber sinnieren, warum sie jetzt nicht mehr Rückgrat gezeigt haben.

 

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