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Das Schweizerische Bundesstrafgericht in Bellinzona, Schweiz, 15. Mai 2024. © 2024 Human Rights Watch

Wir haben heute eine seltene gute Nachricht: die Verurteilung eines ehemaligen hochrangigen Beamten für schwere Verbrechen.

Ein Schweizer Gericht hat gestern den ehemaligen gambischen Innenminister Ousman Sonko für schuldig befunden, weil er zwischen 2000 und 2016 an Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form von Folter, illegalen Verhaftungen und außergerichtlichen Tötungen beteiligt war. Das Gericht verurteilte ihn zu 20 Jahren Gefängnis.

Diese Verbrechen geschahen unter der brutalen Herrschaft des damaligen Präsidenten Yahya Jammeh. 22 Jahre lang unterdrückte Jammehs Regierung systematisch Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Student*innen, religiöse Führer*innen und LGBT-Personen, um nur einige zu nennen. 

Viele wurden gefoltert, waren sexueller Gewalt ausgesetzt, verschwanden und/oder wurden ermordet. 

Du fragst dich vielleicht: Warum verklagt ein Schweizer Gericht einen ehemaligen gambischen Minister für Verbrechen, die in Gambia begangen wurden?

Die Antwort ist ein juristisches Prinzip, das als "Weltrechtsprinzip" bekannt ist.

In der Regel können sich die Gerichte eines Landes mit einem Verbrechen befassen, wenn es eine Verbindung zwischen dem Land und dem Verbrechen gibt. Das scheint offensichtlich zu sein.

Bei einer begrenzten Anzahl von internationalen Verbrechen können die nationalen Gerichte jedoch auch dann tätig werden, wenn es keine solche Verbindung gibt. Dazu gehören Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter, Völkermord und so weiter.

Nationale Gerichte können diese Verbrechen untersuchen und strafrechtlich verfolgen, auch wenn sie im Ausland von Ausländern gegen Ausländer begangen wurden. Der Grund dafür ist, dass solche Verbrechen als so schwerwiegend angesehen werden, dass es die gesamte Menschheit betrifft, dass sie nicht ungesühnt bleiben.

Dieser Grundsatz des Weltrechtsprinzips ist eigentlich nicht neu. Er wurde 1949 in den Genfer Konventionen über das Kriegsvölkerrecht festgeschrieben. Das Weltrechtsprinzip ermöglichte es dem Staat Israel zum Beispiel 1961, den hochrangigen Nazi-Funktionär Aldolf Eichmann für seine Rolle im Holocaust zu verfolgen.

In den letzten Jahren haben die nationalen Gerichte immer häufiger auf das Weltrechtsprinzip zurückgegriffen. Es ist besonders hilfreich, wenn es um schwere Verbrechen an Orten geht, an denen die lokale Justiz blockiert oder verzögert wird.

Seit dem Sturz Jammehs im Jahr 2016 hat die Regierung Gambias nur zwei Strafverfahren wegen Verbrechen aus der Jammeh-Ära eingeleitet. Heute gibt es in Gambia neue Bemühungen um die Justiz, aber viele Opfer warten noch immer lange auf Gerechtigkeit. 

Die Anerkennung des Weltrechtsprinzips im Schweizer Recht bot einen Ausweg. Sonko wurde 2017 in der Schweiz verhaftet, nachdem die Schweizer Nichtregierungsorganisation TRIAL International eine Strafanzeige gegen ihn gestellt hatte.

Die gestrigen Nachrichten waren gewaltig. Es ging um einen hochrangigen Anführer - einen ehemaligen Innenminister - eines schrecklichen Regimes. Seine Verurteilung ist ein monumentaler Sieg für die gambischen Opfer. 

Und es ist ein zweifacher Sieg, denn er stärkt ein Rechtsprinzip, das vielen anderen Opfern von grausamen Verbrechen auf der ganzen Welt zu Gerechtigkeit verhelfen kann.

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